Etoile (1988)

Originaltitel

Land/Jahr

Genre

Laufzeit

 

Regie

Drehbuch

Darsteller

Étoile

Italien; 1989

Thriller, Mystery

96 min.


Peter Del Monte

Peter Del Monte

Jennifer Connelly, Gary McCleery, Laurent Terzieff, Olimpia Carlisi, Mario Marozzi, Donald Hodson, Charles Durning


Nur wenige wissen, dass US-Schauspielerin Jennifer Connelly („Requiem for a Dream“, „House of Sand and Fog“) nach ihrer ersten grossen Rolle in Dario Argento’s „Phenomena“ (1985) noch einen weiteren Film in Italien drehte. Unter der Regie von Peter Del Monte entstand „Étoile“, der, wenn man die Inhaltsangabe durchliest, im ersten Moment an einen Giallo erinnert, tatsächlich aber etwas andere Wege beschreitet.

Del Monte hat in seiner Karriere bisher nur acht Filme gedreht, die allesamt merkwürdigerweise bisher keine deutschen DVD-Veröffentlichungen erhalten haben. Auch „Étoile“ ist nur schwer in die Finger zu kriegen, doch verbirgt sich dahinter ein ganz spezieller Filmbeitrag der späten Achtzigerjahre.

"Dance, Magic Dance..."
"Dance, Magic Dance..."

Die junge Claire Hamilton (Jennifer Connelly) reist nach Budapest um sich dort bei einer Ballettschule zu bewerben. Im Hotel trifft sie Jason (Gary McCleery), ebenfalls ein Amerikaner, der mit seinem Onkel (Charles Durning) auf der Suche nach antiken Uhren ist. Als Claire aber in der Tanzschule ankommt, traut sie sich plötzlich nicht mehr vorzutanzen und verschwindet ohne ihre Chance zu nutzen. Dabei wird sie allerdings von einem mysteriösen Mann beobachtet, der sie mit dem Namen Nathalie anspricht. Unschlüssig was sie jetzt tun soll, verbringt Claire etwas Zeit mit Jason, und die beiden entdecken bei ihrem Stadtrundgang ein altes Haus, in dem offenbar einst eine Ballerina wohnte.

Am nächsten Tag ist Claire verschwunden. Jason kann nicht glauben, dass sie ohne sich zu verabschieden nach Hause gegangen ist und beginnt sie zu suchen. Doch als er Claire kurz darauf tatsächlich wieder trifft scheint sie ihn nicht mehr zu erkennen...

 

Eine Tanzschule in Europa. Ein unheimliches Haus. Jennifer Connelly, die als unschuldige, junge Frau in ein fremdes Land kommt. Das erinnert doch irgendwie an eine Mischung aus den beiden Klassikern „Suspiria“ und „Phenomena“ von Dario Argento. Doch hat der Film erstmals begonnen, merkt man, dass Regisseur Peter Del Monte ganz andere Wege beschreitet. Er liefert keinen Giallo im gewöhnlichen Sinne ab.

Der Film beginnt ohne einen obligatorischen Eröffnungsknall. Keine Verfolgungsjagd, kein Mord, keine verschwundenen Mädchen. Wir beobachten ganz einfach wie Claire (Jennifer Connelly) in Budapest eintrifft und sich auf das Vortanzen vorbereitet. Bald rückt aber die Figur des Jason (Gary McCleery) immer mehr in den Mittelpunkt der Handlung und vor allem er dient als zentrale Identifikationsfigur.

Die mysteriöse Spannung fließt nur sehr langsam und subtil in das Geschehen ein. Wer einen grusligen Thriller mit viel Gewalt erwartet ist hier fehl am Platz, denn Blut fließt während der gesamten Laufzeit praktisch keines.

So ist doch einiges an Geduld gefordert, doch wer sich auf das geschehen einlässt, der wird von der faszinierenden Grundstimmung, die Del Monte aufbaut, in den Bann gezogen.

Viele Fragen werden im Verlauf der Handlung aufgeworfen und besonders in der zweiten Hälfte werden zudem visuell schön inszenierte Kameraaufnahmen gezeigt. Dabei wirkt alles immer mehr als Hommage an das bekannteste Ballet „Schwanensee“ - und es ist auch in jenem, dass Claire auftreten soll, nachdem sie wieder aufgetaucht ist.

 

Das Finale des Films ist dann ebenfalls eigen und aufwändig, wirft aber mehr Fragen auf als es beantwortet.

Überhaupt gibt es keine Auflösung im bekannten Sinne, in der alles geklärt wird und die Machenschaften der zwielichtigen Protagonisten aufgedeckt wird. Stattdessen lässt der Film den Zuschauer mit viel Spielraum zur Interpretation zurück, wobei sich aber die Frage stellt, ob es denn wirklich möglich ist sich aus dem Gezeigten einen Reim zu machen, wo doch so mancher Twist fragwürdig bleibt.

Besonders die Charakterwandlung Claire’s kommt etwas plötzlich und scheint nicht sofort glaubhaft.

Doch dieser Twist ist Notwendig, denn er ist eine weitere Reminiszenz an Tschaikowskis „Schwanensee“, wo der gute, weiße Schwan durch den bösen, schwarzen ersetzt wird. Diese Nuance kommt jedoch nicht von Anfang an als offensichtlich daher und offenbart sich erst dann vollständig, als Jennifer Connelly in ihrem schwarzen Ballerina-Kostüm auftritt.

Leichte Ähnlichkeiten sind im 2010 entstandenen „Black Swan“ zu erkennen; doch wo Darren Aronofsky zu effekthaschenden Schockeffekten greift bleibt „Étoile“ viel subtiler und behält seinen ruhigen, mysteriösen Erzählstil bei.

 

Die Schauspieler leisten ebenfalls gute Arbeit, wobei Gary McCleery mit seinem schiefen Lächeln nicht immer ganz sympathisch ist. Dafür ist Charles Durning („Hudsucker – Der große Sprung“, „Tootsie“) in seiner Nebenrolle gewohnt großartig.

 

Fazit:

„Etoile“ ist bestimmt kein Film für die breite Masse und auch nicht unbedingt für Giallo-Fans, da im ganzen Film praktisch kein Blut fließt und auch das Rätsel weder aufwändig gestrickt noch überraschend aufgelöst wird. Wer hingegen ruhige, kunstvolle, Mysterythriller mit guten Schauspielern mag, der kommt mit Peter Del Monte‘s „Schwanensee“-Hommage auf seine Kosten. Wo der Film endet bleibt vieles unbeantwortet, doch dennoch wird der Zuschauer in dieser visuell düster gestalteten Welt gefangen, und gerade weil er nicht alles erklärt, bleibt „Etoile“ noch für geraume Zeit in Erinnerung.


Veröffentlichung:

Hier liegt das große Problem dieses Films, denn bisher ist es noch schwer in dessen Genuss zu kommen. Es existiert zwar eine italienische DVD vom Label Medusa, allerdings nur mit einer italienischen Synchronfassung ohne Untertitel.

Die einzige Fassung des Filmes mit original englischem Ton ist die japanische Laserdisc von Kuraray Video Soft. Diese bringt den Film in passabler Bildqualität und nicht ausblendbaren japanischen Untertiteln. Wer diese Fassung in die Finger bekommt kann sich glücklich schätzen – doch wird zum abspielen natürlich ein Laserdisc-Player benötigt.

Bewertung: 7.5/10

Autor | Yves Albrecht

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Kommentare: 1
  • #1

    anonymus (Sonntag, 04 Dezember 2016 21:41)

    der Film erscheint jetzt in einer restaurierten Fassung auf Blu Ray
    http://www.blu-ray.com/news/?id=20348

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