Michael (2011)

Originaltitel

Land/Jahr

Genre

Laufzeit

 

Regie

Drehbuch

Darsteller

Michael

Österreich, 2011

Drama

96 min


Markus Schleinzer

Markus Schleinzer

Michael Fuith, David Rauchenberger, Christine Kain, Ursula Strauss, Victor Tremmel, Xaver Winkler


Der österreichische Schauspieler Markus Schleinzer hat sich für seine erste Regiearbeit gleich ein ungemein schwieriges und tabuisiertes Thema ausgesucht: Kindesmissbrauch. Kann man dieses kontroverse Thema wirklich in einen 90-minütigen Film packen?

Der Versicherungsangestellte Michael (Michael Fuith) ist gegen aussen ein normaler, leicht zurückgezogen lebender Junggeselle. Was aber niemand ahnt ist, dass er in seinem Keller einen 10-jährigen Jungen (David Rauchenberger) eingesperrt hat und diesen regelmässig sexuell missbraucht. Doch nach und nach keimen Probleme auf und Michael hat immer mehr Mühe sein düsteres Geheimnis zu bewahren.

 

Anders als der Titel vielleicht im ersten Moment suggeriert, ist die Hauptfigur Michael in Markus Schleinzers Film nicht etwa des eingesperrte Opfer, sondern der Täter. Und was auch sogleich erstaunt ist, dass dieser Mensch nicht als pädophiles Monster dargestellt wird, sondern mit sehr viel Menschlichkeit. Er erscheint als normaler Mann – eine Person, der man Täglich über den Weg laufen könnte und nichts Böses dabei ahnen würde. Doch gerechtfertigt werden seine Taten keineswegs. Vielmehr wird der Zuschauer in die unangenehme Position des unfreiwilligen Beobachters gedrängt. Nur durch die Bildsprache gelingt es dem österreichischen Regisseur eine fesselnde und zugleich grausige Stimmung zu schaffen, die in den Bann zieht. Wie sich Michael an seinem Opfer vergeht wird dabei niemals gezeigt und somit ist der Zuschauer gezwungen sich dies selbst auszumahlen – und die schrecklichsten Bilder entstehen bekanntlich in der eigenen Fantasie.

Die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller Michael Fuith und David Rauchenberger ist auch sehr zu loben. Michael Fuith gelingt es seiner Figur Menschlichkeit einzuhauchen und macht sie damit zum Mann von nebenan, dessen Handlungen von erschreckender Logik geprägt sind. David Rauchenberger, der den jungen Wolfgang mimt, schafft es dem Publikum trotz seiner wenigen Dialogfetzen ans Herz zu wachsen und lässt den Zuschauer bis zum Schluss bangen.

Die Kameraarbeit zeichnet sich besonders durch die ruhigen, ungekünstelten Bilder aus, welche die gute Ausstattung einfangen. So ist besonders das Haus von Michael sehr realistisch eingerichtet und das Kellerverlies verfügt über viel Details: Es ist keine dunkle Kammer, sondern ein richtiges Zimmer mit Fernseher, Toilette, Waschbecken, Wasserkocher und Konserven.

 

Durch all diese Stilmittel schafft es der Film seinen Zuschauer zu fesseln, und bringt ihn dazu am Geschehen dranzubleiben und bis zum Schluss zu bangen. Antworten liefert der Film aber nicht. Vielmehr regt er zur Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Thema an und bleibt noch lange nach dem Anschauen in Erinnerung. Das Ende bringt dann keine Genugtuung und der Film endet an einem Punkt, wo man gerne noch mehr sehen möchte, doch auch dies überlässt der Regisseur der Fantasie des Publikums. Bei den Filmfestspielen in Cannes 2011 lief der Film sogar im Wettbewerb, ging aber leer aus.

 

Fazit:

Mit seinem Regiedebüt gelang Markus Schleinzer ein schrecklich realistisches Filmportrait, dessen drückender Stimmung man sich kaum entziehen kann. Die kühlen Bilder und die guten Schauspieler begleiten durch ein Martyrium, in dem der Zuschauer dazu gezwungen wird sich die schrecklichen Taten selbst vorzustellen. Antworten liefert der Film keine, dafür umso mehr Stoff zum Nachdenken. Ein unbefriedigendes Filmerlebnis, dass man nicht so leicht abschütteln kann.

 

Veröffentlichung:

Das Label „Euro Video“ hat den Film in ihrer Reihe „Kino Kontrovers“ als Nummer 11 veröffentlicht. Das Mediabook ist sehr schön gestaltet und beinhaltet ein 26-seitiges Booklet. Bild- und Tonqualität sind gut, die österreichische Sprache ist allerdings nicht immer ganz leicht zu verstehen. Als Bonus sind zwei Interviews mit den Filmemachern sowie der Kinotrailer enthalten. Ein Kauftipp.


Bewertung: 8/10

Autor | Yves Albrecht

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