The Master (2012)

Originaltitel

Land/Jahr

Genre

Laufzeit

 

Regie

Drehbuch

Darsteller

The Master

USA; 2012

Drama

137 min

 

Paul Thomas Anderson

Paul Thomas Anderson

Joaquin Phoenix, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams, Jesse Plemons, Laura Dern, Rami Malek


Nach fünf Jahren Pause kommt endlich wieder ein Film von Paul Thomas Anderson („Boogie Nights“; 1997, „Magnolia“; 1999) in die Kinos, mit einer gewohnt langen Laufzeit von 144 Minuten. Um Hauptdarsteller Joaquin Phoenix war es die letzten Jahre ebenfalls ruhig. Zuletzt zeigte er 2010 mit „I’m Still Here“, dass es ihn noch gibt; jetzt kann man ihn endlich wieder in einem richtigen Spielfilm bestaunen. Als Thema wählte sich Regisseur und Drehbuchautor Anderson das Aufkeimen von Sektenähnlichen Glaubensgemeinschaften nach Ende des Zweiten Weltkrieges aus, und präsentiert uns damit ein ruhiges, schweres Werk, für das er an den Filmfestspielen in Venedig mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet wurde.

Wer würde da nicht kaufen wollen?
Wer würde da nicht kaufen wollen?

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, die Soldaten werden wieder zurück ins normale Leben geschickt und so versucht auch der ehemalige Soldat Freddie Quell (Joaquin Phoenix) ein normales Leben zu führen. Dies fällt ihm jedoch alles andere als leicht. Geplagt von seiner Vergangenheit und ständig an der Flasche hängend verliert er einen Job nach dem anderen, bis er sich eines Abends auf eine Yacht schleicht, die im Hafen ankert. Dort begegnet er Lancaster Dodd (Philip Seymour Hoffman) und seiner Familie, die gerade die Hochzeit seiner Tochter feiern. Dodd ist Autor eines Buches namens „The Cause“, und baut sich gerade aus seinen darin geschilderten Ideen eine Glaubensgemeinschaft zusammen. Von Freddie ist er angetan und auch der Kriegsrückkehrer kann sich der einnehmenden Persönlichkeit Dodds nicht entziehen. Bald ist er mittendrin in der Welt von „The Cause“ und wird zu Lancaster Dodds Paradebeispiel für die Wirkung seiner Methoden – und tatsächlich scheint Freddie aufzublühen. Doch Dodds Ehefrau Peggy (Amy Adams) ist Freddy ein Dorn im Auge und bald nimmt auch die Organisation sehr drastische Züge an.

 

Inspiriert durch Filme von Alfred Hitchcock aus den 50ern, fällte Paul Thomas Anderson den ungewöhnlichen Entscheid seinen Film auf 65mm-Filmmaterial zu drehen, welches heute nur noch schwer zu bekommen ist und aus Kostengründen während den Achtzigerjahren seine Popularität verlor. Tatsächlich nimmt man beim Betrachten einen unterschied war. Sowohl Farbgebung, als auch Kameraführung erinnern an die alte Schule und ergänzen das ruhige Erzähltempo sehr gut.

Hauptdarsteller Joaquin Phoenix schafft es jedoch mit seiner Performance eine unglaublich dichte Stimmung zu schaffen, die den Zuschauer mitreisst. Er verkörpert den heruntergekommenen Freddie mit ganzem Körpereinsatz und scheint bis zur Erschöpfung zu spielen.

Aber auch Philip Seymour Hoffman zeigt einmal mehr, dass er zu den begabtesten Schauspielern im Geschäft gehört. Seine Darstellung als herrschsüchtiger, autoritärer aber zugleich charmanter Lancaster Dodd trägt ungemein dazu bei, dass der Film über lange Strecken so gut funktioniert.

 

Die Handlung selbst und die Strukturen der Organisation „The Cause“ erinnert dabei sehr stark an die Methoden von Scientology und den Gründer dieser Kirche L. Ron Hubbard. Auch dieser begann seine Karriere in den Fünfzigerjahren mit einem Buch des Titels „Dianetik“. Viele der Ideen, die im Film von Dodd erklärt werden, haben auch klare Parallelen zu den Lehren von L. Ron Hubbard. So sind auch die Hypnoseähnlichen Sitzungen, um in frühere Leben zurückzukehren, das Stundenlange hin- und hergehen von einer Raumseite zur anderen oder das sich gegenübersitzen und anstarren, ohne Mimik zu zeigen alles Praktiken, die bei Scientology gängig waren und immer noch sind.

Selbst Philip Seymour Hoffman hat prägnante Ähnlichkeit mit Hubbard und lässt sich auch in gleichen Posen fotografieren.

Dies ist insofern speziell, da Hoffman noch 2006 zusammen mit Tom Cruise, dem bekanntesten Mitglied von Scientology, in „Mission: Impossible III“ vor der Kamera stand.

Selbstverständlich wird nie klar darauf Bezug genommen, dass er sich bei der dargestellten Sekte um Scientology handelt, die Anzeichen sind aber frappierend.

 

So wird der Zuschauer zusammen mit Freddie Quell auf eine Entdeckungsreise in diese sonderbare Organisation geschickt und verfällt vorerst dem Charme und der Gutherzigkeit Lancaster Dodds. Besonders eine Szene, in der Freddy in seiner ersten Sitzung Lancaster gegenüber sitzt und ihm Fragen über sein Leben beantwortet, ist ungemein fesselnd und lässt nachvollziehen, wie raffiniert man mit diesem System dazu gebracht wird sein innerstes Preiszugeben.

Bald einmal kommen dem Zuschauer aber auch Zweifel, besonders wenn Dodd mit Kritik an seinen Methoden konfrontiert wird und er aufbrausend jegliche Gegenargumentation unterbindet. Freddy hingegen braucht noch etwas mehr Zeit, bis ihm erste Bedenken kommen.

Auf einen gewaltigen Schluss mit viel Lärm muss allerdings verzichtet werden. Der Film schliesst in sich ruhig und rund ab, ohne dass etwas zu spektakuläres passiert wäre. Der Film insgesamt verzichtet ebenfalls auf zu viel Tumult und konzentriert sich hauptsächlich auf den Werdegang von „The Cause“ und wie sich Freddy damit, und mit seinem bisherigen Leben konfrontiert sieht. So fühlt man sich am Ende zwar nicht viel schlauer oder erleuchtet, hat aber dennoch das Gefühl etwas erfahren zu haben, seien es auch nur die schönen Bilder, die mit der ruhigen Kamera eingefangen wurden.

 

Fazit:

Fünf Jahre nach „There Will Be Blood“ hat es Paul Thomas Anderson einmal mehr geschafft den Zuschauer mit einem Drama zu fesseln. Auch wenn der Film keine spektakuläre Geschichte mit vielen Höhepunkten erzählt und das Ende einen eher mit einer offene Frage zurücklässt, so kann man sich dennoch seiner Faszination nicht entziehen. Dies liegt hauptsächlich am hervorragenden Spiel der beiden Hauptdarsteller, doch genauso an der ambivalent packenden Kraft der Idee hinter „The Cause“ und der perfekten Optik. Somit ist „The Master“ kein einfaches Stück Film geworden, das sicher nicht für jedermann etwas ist, in seiner Gesamtheit aber zu den grossen Kinomomenten dieses Jahres gezählt werden kann.

 

Bewertung: 8/10

Autor | Yves Albrecht

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Kommentare: 2
  • #1

    Julian Michel (Dienstag, 19 März 2013 23:07)

    Zu den Parallelen zu Scientology: Paul Anderson hat in einem Interview gesagt, dass es nicht nur zufällige Parallelen zu L. Ron Hubbards Lehren gibt. Der Film soll natürlich seine eigene Geschichte erzählen, aber auch deutlich auf die abstrusen Methoden der Scientologen hinweisen. Es wird also, wie du gesagt hast, nicht im Film direkt darauf hingewiesen, dies ist aber nicht der Fall, weil Anderson diese Konfrontation vermeiden will.

  • #2

    Yves Albrecht (Mittwoch, 20 März 2013 22:03)

    Ja, das ist schon klar. Es ist dennoch erstaunlich wie offensichtlich die Parallelen zu Scientology sind, sodass auch ohne den Namen zu nennen, eine Konfrontation zu erwarten ist. So bleibt es für die Filmemacher rechtlich gesehen natürlich immer noch leichter als wenn sie eine Biographie Hubbards gemacht hätten; mutiger wäre es aber gewesen.
    So war es mir einfach wichtig die Verbindung im Review noch klarzustellen. ☺
    Gruss

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