Die Vermessung der Welt (2012)

Originaltitel

Land/Jahr

Genre

Laufzeit

 

Regie

Drehbuch

Darsteller

Die Vermessung der Welt

Deutschland; 2012

Drama, Historienfilm

119 min

 

Detlev Buck

Detlev Buck

David Kross, Vicky Krieps, Florian David Fitz, Karl Markovics, Jérémy Kapone, Georg Friedrich, Katharina Thalbach


Der deutsche Regisseur Detlev Buck, der uns schon mit Werken wie "Rubbeldiekatz" oder "Knallhart" bestens unterhielt, versucht in seinem neusten Werk die Geschichte der beiden deutschen Forscher Carl Friedrich Gauss und Alexander von Humboldt zu erzählen. Technisch setzt er dazu alle Hebel in Bewegung und nutzt sogar die momentan populäre 3D-Technik. Doch reicht das um einen guten Film zu drehen?

Preußen im 17. Jahrhundert. Der junge Carl Gauss wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, doch bald wird klar, dass er ein Genie auf dem Gefilde der Mathematik ist. Sein Lehrer, dessen liebste Disziplinarmethode der Holzstock ist, erkennt Carls Gabe und verhilft ihm zu einem Stipendium des Adelshauses.

Zur gleichen Zeit versucht sich der etwas ältere Alexander, welcher in wohlhabenden Kreisen groß wird, als Entdecker, was von seiner Mutter zutiefst missbilligt wird. Erst als diese verscheidet, wird es dem inzwischen erwachsenen Jungen möglich mit dem geerbten Vermögen die Welt zu bereisen.

Sowohl Carls als auch Alexanders Ziel ist es die Welt zu vermessen, alles darauf zu entdecken und berechnen zu können. Während Alexander dies mit waghalsigen Expeditionen durch den Amazonas tut, und mit seiner Eitelkeit seinen Weggefährten zum Wahnsinn treibt, begnügt sich Karl damit, alle Berechnungen von seinem Schreibtisch in Preußen aus zu machen. Doch beide vom Ehrgeiz getriebenen Männer stoßen an ihre Grenzen und haben immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen.

 

Werner Herzog hat es mit Filmen wie "Fitzcarraldo" oder "Aguirre - Der Zorn Gottes" bewiesen, dass auch unter deutscher Produktion geniale Abenteuer- und Historienfilme entstehen können.

Nun versucht sich Regisseur Detlev Buck auch in diesem Gefilde und hat dank Filmförderung aus dem ganzen deutschsprachigen Raum eigentlich gute Voraussetzungen. Als Thema wählte er die Lebensgeschichten der beiden Forscher Carl Friedrich Gauss und Alexander von Humboldt aus der Romanvorlage von Daniel Kehlmann; und Stoff würden diese historischen Figuren ja zur Genüge bieten.

Auch Buck selbst hat in den vergangenen Jahren so manch guten Film auf die Leinwand gezaubert und man betritt das Kino - in dem einem sogar eine 3D-Brille in die Hand gedrückt wird - mit großen Erwartungen.

 

Leider wird der Film diesen in keiner Weise gerecht. Dabei hat er eigentlich visuell so einiges zu bieten. Sorgfältig ausgewählte Drehorte, aufwändige Bauten, detailreiche Kostüme und wirklich gute Kameraführung. Das 3D ist dem Film zwar nicht wirklich zuträglich, ist aber dennoch recht gut eingesetzt und fällt besonders schön in einer kurzen Animationssequenz auf. Schlussendlich unterstreicht ein stimmiger und passender Soundtrack die Szenerie.

Doch damit endet auch das Lob.

 

Wo der Film zu scheitern beginnt ist bei der Schauspielerwahl. Vom Aussehen her zwar passend zu den historisch belegten Personen, agieren allesamt wie Laiendarsteller vom Theater nebenan. Verkrampft, ihren Text teilweise emotionslos aufsagend und mit steifer Körpersprache stolpern alle Figuren durch die Szenerie. Besonders negativ fallen auch die Kinderdarsteller auf, die zu keinem Moment überzeugen. Doch nicht nur dem Spiel ist etwas vorzuwerfen, auch dem Dialogschreiber, der den Figuren arg einfache und stilisierte Unterhaltungen in den Mund legt.

Ein weiteres Element, das Buck in sein Drehbuch einfließen ließ, ist eine Prise Humor, die in diesem Film so fehl am Platz ist, wie Adam Sandler in einem Sozialdrama. Dies äußert sich sowohl in der Steifheit und Arroganz der beiden Hauptfiguren, als auch in sehr plump daherkommenden Szenen; beispielsweise wenn der Herzog von Braunschweig sich am Essen verschluckt und er daraufhin hustend von seinen an Down-Syndrom leidenden Kindern mit offenem Mund angestarrt wird. Diese deplatzierte Komik wird noch dadurch unterstrichen, dass Gesichter wie Max Giermann auftauchen, der durch die Comedy-Sendung "Switch" bekannt wurde.

Die Geschichte selbst ist dann auch noch vollgestopft mit Klischees, und Carl und Alexander erleben alle Geschichtsbuch-Punkte im Schnelldurchlauf: Prügelnde Lehrer, schlemmende Aristokraten, der Zahnarzt mit der Eisenzange, Sklavenhandel und Voodoo-Rituale der Eingeborenen; nichts wurde ausgelassen.

Ihre Forschung mit den bahnbrechenden Entdeckungen wird bald einmal zur Nebensache und nur selten werden ein paar Wissensfetzen, die besonders die mathematischen Fähigkeiten Carl Gauss’ zeigen, auf den Zuschauer niedergerieselt, während dem Von Humboldt bald nur noch unsympathisch und lächerlich daherkommt. Mit historischer Information hat das nicht mehr viel zu tun und man könnte meinen, das Drehbuch sei mit Hilfe des Wikipedia-Artikels verfasst worden.

Im Endeffekt ist alles so trivialisiert, dass es wie ein Kinderfilm daher kommt, aber besonders Kinder werden an dem Film auch kein Gefallen finden, gibt es doch auch manch brutale Szene und auch viel nackte Haut zu sehen. So ist aus einer guten Ausgangslage ein Film geworden, der irgendwie keinem so richtig gefallen kann: Den Kunstliebhabern zu schlecht gespielt und zu trivial, den Actionfans zu langweilig und den Historikern zu ungenau. Mit dem Geld das da verlocht wurde, hätte man bei weitem mehrere, bessere Filme drehen können – Schade.

 

Fazit:

Mit "Die Vermessung der Welt" hat Detlev Buck keinen besonders guten Beitrag zum deutschen Kino geleistet und wird das Produktionsbudget kaum wieder einspielen können. Selbst Großaufnahmen von krabbelnden Ameisen und schlüpfenden Schmetterligen mögen da nicht über das schlechte Drehbuch und die miserablen Darsteller hinwegtäuschen. Nur ganz selten blitzt ein Hauch Spannung und Faszination auf, besonders für Leute, die sich für Mathematik interessieren; doch auch dies reicht nicht um über die Laufzeit von 120 Minuten bei Laune zu halten. Ein Film der leider keinem zu empfehlen ist und der gegen "The Hobbit", der gleichzeitig in die schweizer Kinos kommt, im Nichts verschwinden wird.

 

Bewertung: 3.5/10

Autor | Yves Albrecht

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